Amtliche Bekanntmachung der Stadt Neckargemünd |
Allgemeinverfügung der Stadt Neckargemünd über das Verbot von Veranstaltungen und sonstigen Ansammlun- gen sowie zur Schließung von Einrichtungen und Betrieben anlässlich der Eindämmung der Atemwegserkrankung COVID-19 und der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2. Die Landesregierung hat am 17. März 2020 die Verordnung über infektionsschützende Maß- nahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) ver- kündet. Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft und ersetzt die gleich- lautende Verordnung vom 16. März 2020. Ergänzend hierzu erlässt die Stadt Neckargemünd folgende Anordnungen: I. 1. Zu § 3 Abs. 3 CoronaVO (Verbot von Versammlungen und sonstigen Veranstaltungen) wird klarstellend geregelt: Untersagt sind auch sonstige Ansammlungen und Zusammenkünfte mit einer Teilneh- merzahl von mehr als 10 Personen. 2. Soweit § 3 Abs. 4 CoronaVO den zuständigen Behörden ermöglicht, aus wichtigem Grund unter Auflagen zum Schutz vor Infektionen Ausnahmen vom Verbot nach § 3 Abs. 1 – 3 CoronaVO zuzulassen, gilt folgendes: Ausnahmen werden bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ausschließlich für Ver- sammlungen und sonstige Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von höchstens 30 Personen erteilt. 3. Versammlungen und sonstige Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von höchs- tens 30 Personen im Sinne von Ziff. 2 sind dem Bürgermeisteramt der Stadt Neckarge- münd (Ortspolizeibehörde) spätestens 48 Stunden vor Versammlungs-/Veranstal- tungsbeginn unter Vorlage einer Risikobewertung nach den Empfehlungen des Robert- Koch-Institutes (RKI) „Allgemeine Prinzipien der Risikoeinschätzung und Handlungs- empfehlung für Veranstaltungen“1 anzuzeigen. Die Anzeige berechtigt nicht zur Durchführung der Versammlung oder Veranstaltung bevor diese durch die Ortspolizeibehörde zugelassen worden ist. 1 Abrufbar auf der Internetseite des Robert-Koch-Institutes unter folgendem Link: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risiko_Grossveranstaltungen.html
Die Anzeigepflicht nach § 14 Versammlungsgesetz bleibt unberührt.
1) II. Die Anordnungen dieser Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG) beruhen für die Verbote von Veranstaltungen oder sonstigen Ansammlungen auf § 28 Abs. 1 Satz 2 Infektionsschutz- gesetz (IfSG) für die übrigen Anordnungen von notwendigen Schutzmaßnahmen auf § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Die Stadt Neckargemünd ist gem. § 1 Abs. 6 der Verordnung des Sozialministeriums über die Zuständigkeiten nach dem IfSG (IfSGZustV) für die Anordnung von Schutzmaßnahmen nach § 28 IfSG zuständig. 2) Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen kön- nen, oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen vorliegen, so trifft die zuständige Behörde nach § 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren (Allgemeine Maßnahmen). Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festge- stellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaß- nahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist (Schutzmaßnahmen). Gem. § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde hierzu unter den Voraussetzungen von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG u. a. Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 IfSG ge- nannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Versamm- lungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) werden insoweit eingeschränkt. 3) a)
Gemäß § 2 Nr. 1 IfSG sind Krankheitserreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes vermeh- rungsfähige Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissib- les Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann. b) Das Corona-Virus breitet sich in Deutschland und insbesondere auch in Baden-Württemberg schnell weiter aus. Daher hat die Landesregierung am Freitag, 13. März 2020 weitreichende Maßnahmen beschlossen, die die Ausbreitung des Virus verlangsamen sollen. Die Maßnah- men gelten zunächst bis einschließlich 19. April 2020 (Quelle: Sozialministerium Baden-Würt- temberg). Konkretisierend hierzu hat die Landesregierung am 16.03.2020 eine Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona- Verordnung – CoronaVO) verkündet. Ebenfalls am 16. März 2020 haben die Bundesregierung und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer Leitlinien zum einheitli- chen Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich angesichts der Corona-Epidemie in Deutschland vereinbart. In der Folge hat die Landesregie- rung die CoronaVO am 17. März 2020 durch eine gleichlautende Verordnung ersetzt. Das Recht der zuständigen Behörden, weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen zu erlassen, bleibt von dieser Verordnung unberührt (vgl. auch § 8 CoronaVO). Auch die Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises sind zunehmend flächendeckend von der Aus- breitung des Coronavirus SARS-CoV-2 betroffen. Damit besteht für das Gemeindegebiet ein deutlich erhöhtes regionales Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Es liegen somit insgesamt auch für das Gemeindegebiet die Voraussetzungen zum Erlass der notwendigen Maßnahmen bzw. Schutzmaßnahmen im Sinne §§ § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG vor. Die Anordnungen dieser Allgemeinverfügung ergänzen daher die Regelungen der CoronaVO unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse. c) Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfcheninfektion) z.B. durch Husten, Niesen oder engen Kontakt von Angesicht zu Angesicht kann es durch teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen zu Übertragungen von Mensch-zu- Mensch kommen. Auch Übertragungen durch Schmierinfektionen sind – seltener – beschrie- ben. Übertragungen kommen im privaten und beruflichen Umfeld, aber auch bei größeren Veranstaltungen vor. Größere Ausbrüche wurden im Zusammenhang mit Konferenzen (Singapur), Reisegruppen, Gottesdiensten (Südkorea) oder auch Karnevalsveranstaltungen (Deutschland) beschrieben. Auf Messen, Kongressen oder größeren Veranstaltungen kann es unter ungünstigen Bedin- gungen zu einer Übertragung auf viele Personen kommen. Eine zeitgleiche Infektion vieler Menschen kann zu einer Überlastung der örtlichen medizinischen Versorgungsstrukturen füh- ren.
Wenn es auf Veranstaltungen und Versammlungen zu Infektionen einer großen Zahl von Per- sonen kommt, ist eine erfolgreiche Eindämmung kaum mehr möglich (zum Vorstehenden vgl. RKI, Allgemeine Prinzipien der Risikoeinschätzung und Handlungsempfehlung für Veranstal- tungen, Stand 13.03.2020). Bei Veranstaltungen und Versammlungen, zu denen eine größere Anzahl Personen zusam- menkommen, besteht also ein hohes Risiko, dass die Teilnehmer sich untereinander anste- cken. Hinsichtlich der einzelnen Anordnungspunkte gilt dabei Folgendes: Zu Ziff. 1: Die CoronaVO untersagt in § 3 Abs. 1 und 2 verschiedene Formen von Zusammenkünften. Ergänzend hierzu werden in § 3 Abs. 3 CoronaVO „sonstige Versammlungen und sonstige Ver- anstaltungen“ untersagt. Die Regelung erfasst damit keine bloßen (Menschen-) Ansammlun- gen. Die Regelung in Ziff. 1 erweitert den Verbotstatbestand daher auf solche Ansammlungen. Während bei Versammlungen mehrere Personen „zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen kommen“ (BVerfG, Urt. v. 22.02.2011 – 1 BvR 699/06 –, BVerfGE 128, 226- 278, Rn. 63), fehlt einer Veranstaltung oder Ansammlung das meinungsbildende Element. In- soweit handelt es sich um geplante (Veranstaltung) bzw. ungeplante (Ansammlung) örtliche Zusammenkünfte von mehreren Personen. Eine Ansammlung ist eine Zusammenkunft von Personen, die ohne organisatorische Vorberei- tung entsteht. Sie bildet sich mit anderen Worten zufällig und ohne einen gemeinsamen Zweck. Im Gegensatz zur Ansammlung ist eine Veranstaltung eine organisierte, geplante Zu- sammenkunft. Um sämtliche Formen von Zusammenkünften (Versammlungen, Veranstaltungen, Ansamm- lungen) zu erfassen, war die Regelung des § 3 Abs. 3 CoronaVO entsprechend zu erweitern. Hierbei war unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zu berücksichtigen, dass § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG den Anwendungsbereich auf sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen begrenzt. Daraus folgt, dass nicht jede Ansammlung durch infektionsschutzrechtli- che Schutzmaßnahmen untersagt werden kann. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass un- geachtet dessen durch die Vorschrift sichergestellt werden sollte, dass alle Zusammenkünfte von Menschen, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen, erfasst werden (BT- Drs. 14/2530, Seite 75).
Im vorliegenden Fall ist unzweifelhaft davon auszugehen, dass Ansammlungen von 10 und mehr Menschen in der gegenwärtigen Lage eine Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 er- heblich begünstigen. Berücksichtigt bei der Festlegung der Personengrenze wurde insofern, dass auch in der aktu- ellen Situation durch das RKI weiterhin eine Eindämmungsstrategie (Containment) empfohlen wird. Hierbei war zu sehen, dass diese Strategie mit zunehmenden Fallzahlen nur noch effektiv umgesetzt werden kann, wenn möglichst wenig Kontaktpersonen generiert werden. Hierzu ist indes mindestens erforderlich, dass Ansammlungen nur mit so geringer Personenzahl zugelas- sen werden, dass die Kontaktpersonennachverfolgung unter Berücksichtigung des Ermitt- lungsaufwandes überhaupt noch sachgerecht umgesetzt werden kann. Auch hieraus ergibt sich, dass bereits Ansammlungen von beschränkterem Umfang, insbesondere in geschlosse- nen Räumen, in der gegenwärtigen Situation eine erhebliche Gefährdung mit sich bringen. Damit stellt die Begrenzung auf unter 10 Personen auch – insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse – sicher, dass die Schließung von Einrichtungen, nicht unterlaufen wird. Schließlich wurde bereits bei vergangenen Pandemien festgestellt, dass bevölkerungsbasierte Maßnahmen zur Kontaktreduzierung durch Schaffung sozialer Distanz besonders wirksam sind, wenn sie in einem möglichst frühen Stadium der Ausbreitung des Erregers in der Bevöl- kerung eingesetzt werden. Es sind daher gerade im gegenwärtigen Stadium in besonderem Maße Anstrengungen zu unternehmen, um weitreichende Kontaktreduzierungen herbeizu- führen. Dies gilt nicht nur bei „Massenveranstaltungen“ sondern auch für Menschenansamm- lungen geringeren Umfangs. Dem wird die Beschränkung von sonstigen Ansammlungen auf maximal 10 Personen gerecht. Zu Ziff. 2 und 3: Zusammenkünfte in Vereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wahrnehmung von Angeboten in Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich sowie Reisebusreisen Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften Sonstige Versammlungen und sonstige Veranstaltungen untersagt. Die zuständigen Behörden (Ortspolizeibehörden, § 1 Abs. 6 IfSGZustVO) können aus wichti- gem Grund unter Auflagen zum Schutz vor Infektionen Ausnahmen vom Verbot nach den Ab- sätzen 1 bis 3 zulassen.
Durch die Regelung in Ziff. 2 wird allgemein festgelegt, dass Ausnahmen durch die Ortspoli- zeibehörde – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – nur erteilt werden, für Versamm- lungen und sonstige Veranstaltungen mit einer maximalen Teilnehmerzahl von 30 Personen. Hinsichtlich der Begrenzung auf 30 Personen wurde berücksichtigt, dass mit Ziff. 3 die Ver- pflichtung zur Vorlage einer Risikoeinschätzung verpflichtend vorgegeben ist und für die Ver- sammlung/Veranstaltung Auflagen erteilt werden können (§ 3 Abs. 4 Satz 1 CoronaVO). Im Übrigen wird zu den epidemiologischen bzw. infektiologischen Erwägungen auf die Aus- führungen zu Ziff. 1 verwiesen. Zu Ziff. 4 und 5:
Die Zulassung von Mitnahmeangeboten begründet sich daraus, dass hierdurch regelmäßig nicht einem mindestens 15minütigen Mensch-zu-Mensch-Kontakt zu rechnen ist. Dies wird insbesondere auch dadurch sichergestellt, dass auch bei Mitnahmeangeboten die Vorgaben des § 4 Abs. 3 CoronaVO zur Hygiene und Kontaktvermeidung gelten. Zu Ziff. 7: Die Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwanges folgt aus §§ 49 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 4 Polizeigesetz (PolG), § 2 Nr. 2 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG). Hierbei wurde insbesondere beachtet, dass unmittelbarer Zwang nur angewandt werden darf, wenn der polizeiliche Zweck auf andere Weise nicht erreichbar erscheint. Die Androhung und Fest- setzung eines Zwangsgeldes oder der Ersatzvornahme vor Anwendung des unmittelbaren Zwanges kommt als milderes Mittel nicht in Betracht, wenn nach den gesamten Umständen entweder die Aussichtslosigkeit eines milderen Zwangsmittels von vornherein feststeht oder wenn mit Rücksicht auf die andernfalls für ein bedeutendes Rechtsgut drohende Gefahr die mit dem Versuch, den Willen des Verpflichteten zunächst durch ein milderes Zwangsmittel zu beugen, verbundene Verzögerung nicht in Kauf genommen werden kann (OVG Berlin, NVwZ- RR 1998, 412; Engelhardt/App/Schlatmann/Mosbacher, VwVG, § 12 Rn. 10). Hiervon ist ins- besondere – wie vorliegend – bei Maßnahmen gesundheits- oder seuchenrechtlicher Art, bei der die Maßnahme keinen Aufschub duldet, auszugehen (BeckOK VwVfG/Deusch/Burr, VwVG, § 12 Rn. 19, zur Anwendung bei Anordnungen nach §§ 28, 30 IfSG vgl. auch Sadler, VwVG, § 12 Rn. 40). Zu berücksichtigen war hierbei insbesondere auch der Umstand, dass bereits ein einmaliger Verstoß gegen die getroffenen Anordungen aufgrund der verhältnismäßig hohen Übertragbarkeit und der häufig schweren bis hin zu tödlichen Krankheitsverläufe eine erheb- liche Gefährdung der öffentlichen Gesundheit darstellen würde. Aufgrund der ohnehin dyna- mischen Verbreitung des Coronavirus erweist sich daher ausschließlich die Androhung unmit- telbaren Zwanges als geeignet, erforderlich und angemessen. Die Androhung des Zwangsgeldes beruht auf § 49 Abs. 1 PolG i. V. m. §§ 2 Nr. 2, 19 Abs. 1 Nr. 1, 20 LVwVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes erweist sich dabei vor dem Hinter- grund, dass mit der Anzeigepflicht nach Ziff. 2 eine sachgerechte infektionsschutzrechtliche Beurteilung ermöglicht und damit der epidemiologischen Zielsetzung weitestgehend Geltung verschafft werden soll, als verhältnismäßig. Zu Ziff. 11:
Die Befristung orientiert sich an den Befristungen in §§ 1 bis 5 CoronaVO. Zu Ziff. 12: 4) Die mit dieser Allgemeinverfügung getroffenen Anordnungen sind – soweit sie auf § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG beruhen insbesondere in pflichtgemäßer Ausübung des eingeräumten Ermessens – geeignet, erforderlich und angemessen um die epidemiologischen Ziele einer zügigen, mög- lichst weitreichenden Eindämmung bzw. Vermeidung der weiteren Verbreitung von COVID-19 zu erreichen (zum anzuwendenden Maßstab vgl. Erbs/Kohlhaas/Häberle, IfSG, § 28 Rn. 1). Die Eignung ergibt sich bereits daraus, dass Zusammentreffen und Veranstaltungen, insbeson- dere Massenveranstaltungen, dazu beitragen, das Virus schneller zu verbreiten (RKI, Allge- meine Prinzipien der Risikoeinschätzung und Handlungsempfehlung für Veranstaltungen, Stand 13.03.2020). Die Anordnungen sind auch erforderlich, da mildere gleich wirksame Mittel nicht ersichtlich sind. Zu berücksichtigen ist ferner, dass mit der Eindämmung des Erregers durch die getroffenen Anordnungen auch die Sicherstellung funktionsfähiger, insbesondere kritischer, Infrastruktu- ren erreicht werden soll. Eine zeitgleiche Infektion vieler Menschen kann zu einer Überlastung der örtlichen medizinischen Versorgungsstrukturen führen (RKI, aaO.). Insbesondere ist es nicht ausreichend, die Veranstaltungen unter Anordnung von Auflagen stattfinden zu lassen, weil die Risiken durch begleitende Maßnahmen (wie z. B. Händedesin- fektion) dabei nicht vollumfänglich zu beseitigen wären. Für die Veranstaltungen nach Ziff. 2 wurde kein generelles Verbot ausgesprochen, sondern die Möglichkeit der Einzelfallprüfung vorgesehen. Auch war der Schweregrad der potentiellen Erkrankungen zu berücksichtigen. So zeigen sich Verläufe bis hin zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen und Tod.2 Der Anteil schwerer Erkrankungen ist dabei auch davon abhängig, wie die Fälle identifiziert wurden. Dokumentiert ist, dass der Anteil der schweren Fälle nur bei 3% lag, wenn diese über Kontaktpersonennach- verfolgung entdeckt wurden.3 Eine effiziente Kontaktpersonenverfolgung ist indes bei Ver- sammlungen schwerer bzw. – mit zunehmender Teilnehmerzahl – unmöglich. 2 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html
Schließlich wurden bei der epidemiologischen Bewertung die potentiell unterschiedlichen An- steckungsrisiken bei Veranstaltungen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen be- rücksichtigt und entsprechend zwischen der zulässigen Teilnehmerzahl differenziert und diese Veranstaltungen unter der Voraussetzung einer Anzeigepflicht grundsätzlich ermöglicht. Die getroffenen Anordnungen erweisen sich damit letztlich auch als angemessen, da den mög- licherweise entstehenden wirtschaftlichen Nachteilen und den Einschränkungen für das kul- turelle oder soziale Leben erhebliche gesundheitliche Gefahren bei der unkontrollierten und nicht mehr nachverfolgbaren weiteren Verbreitung des Coronavirus gegenüberstehen. Im Rahmen dieser Abwägung überwiegen die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen sowie des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung der kri- tischen Infrastrukturen. III. Es wird auf die Vorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG hingewiesen, wonach derjenige, der einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG zuwiderhandelt, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. Nach § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG zuwiderhandelt. Gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG haben Widerspruch und Anfechtungs- klage gegen die angeordneten Schutzmaßnahmen keine aufschiebende Wirkung. Für die An- drohung von Zwangsmitteln gilt gem. § 52 Abs. 5 PolG, § 12 LVwVG entsprechendes. Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Stadtverwaltung Neckargemünd, Bahnhofstr. 54, 69151 Neckargemünd erhoben werden. Hinweis: Diese Allgemeinverfügung einschließlich Begründung kann bei der Stadt Neckarge- münd eingesehen werden. Neckargemünd, den 18.03.2020 gez. Frank Volk Bürgermeister |